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Mir kloppt's im Kopp

Im Frühjahr kam eine meiner Lieblingspatientinnen zu mir in die Sprechstunde. Eine sehr herzliche, immer nette Frau mittleren Alters, ein Urgestein Hessens.

 

Sie sitzt vor mir, holt tief Luft und sagt:

 

„Ej Fra Dokter, wenn isch so mach...“, und klopft sich mit drei Fingern an die Schläfe, „... dann klobbt des so in meinem Kopp.“

 

Ich verkneife mir ein Grinsen und versuche zu eruieren: „Klopft es im Kopf wie der Puls oder dröhnt es dauerhaft?“

 

„Naa, des schebbert so beim Klobben“, und klopft sich wieder an diversen Stellen an den Kopf. "Wie wenn des hohl is oder so."

 

Wenn man ratlos ist, empfiehlt es sich stets, den Blutdruck zu messen. Patienten lieben es. Man schindet etwas Zeit, der Patient fühlt sich umsorgt und man kann in Ruhe nachdenken. 

 

„Frau Kloppkopf, der Blutdruck ist in Ordnung. Haben Sie denn noch andere Symptome? Erkältung? Fieber? Nebenhöhlen? Ohrenschmerzen? Pfeifen in den Ohren?“

 

„Naa, nur des Klobbe“, sagt sie sie klopft sich wieder auf die Stirn. 

„Und wenn isch so mach“, und beißt rhythmisch die Zähne zusammen. „Dann dröhnt des auch.“

 

Ich gucke in den Hals. Nichts.

Ich klopfe auf die Nebenhöhlen. Nichts.

Ich schaue in die Ohren und finde im rechten Ohr etwas Ohrenschmalz vor dem Trommelfell. Kein Vergleich zu den klebrigen Massen, die man manchmal so sehen muss. Aber mein einziger Anhaltspunkt. 

 

Denn neben dem Blutdruckmessen empfiehlt es sich außerdem, stets kompetent zu wirken.

 

"Frau Kloppkopf, Sie haben einen Ohrenschmalzpfropf, der den Gehörgang verlegt. Wir spülen das mal raus."

Ohrenspülungen sind wie das Blutdruckmessen tatsächlich sehr begehrt. 

 

Gesagt, getan. Es entleert sich ein kleines Häufchen Cerumen. Eigentlich nicht der Rede wert.

 

Nach dem Spülen klopft sich die Dame wieder prüfend auf die Stirn.

Sie beißt rhythmisch die Zähne zusammen.

Klopft wieder.

Beißt rhythmisch. 

 

„Ej, des is weg. Subba! Danke Fra Dokter!“

 

Das sind die kleinen Erfolge der Allgemeinmedizin.