Burn it all with sun! Über Sonnenbrand

„Ej, unn ich saach noch zum Häbät: ‚Pass uff dei Haut auf, die Sunn dud dich verbrenne!‘ Jetzt muss er halt foile, was en rischdische Sonnenbrand is.“

Spricht die Frau im Supermarkt zu ihrer Bekannten, als ich an ihnen vorbei laufe, und lacht schadenfroh. Szenen einer Bilderbuchehe. Burn, Baby!

 

Für alle, die nicht so firm in tiefem osthessisch sind: Die Dame erklärte ihrem Gatten, er möge doch auf seine Haut aufpassen, weil die Sonne ihn sonst verbrenne. Aber nun müsse er halt fühlen, was ein richtiger Sonnenbrand ist. 

 

Einen richtigen oder einen falschen Sonnenbrand gibt es nicht. Es gibt den Sonnenbrand in seinen verschiedenen Abstufungen von „leichter Rötung“ bis hin zur schweren Verbrennung mit Allgemeinsymptomatik.

 

Darüber möchte ich aufklären. Über Sonnenbrand, die Unlust sich einzuschmieren und die unschönen Folgen. Damit de Häbat ma wisse dud, wie e rischtischer Sunnebrand schmezzd un was e dagejge mache kann. De Dabbes.

 

Dermatitis solaris 

 

Auf schlau heißt der Sonnenbrand Dermatitis solaris und bezeichnet die Schädigung der Haut und auch ihrer DNA durch Licht. Sonnenlicht, um genau zu sein, und dessen UV-Strahlung.

 

Es gibt ja immer zwei Extreme. (Das ist nun keine neue Erkenntnis, denn ein Extrem besagt ja per definitionem, dass es es „den höchsten Grad“ an irgendwas ausdrückt. ExtremST gibt es sowieso nicht, aber das nur als kurze Exkursion.)

 

Das eine Extrem ist folgendes: Schantal und Schakkeline sind im Strandbad mit Pascal und Kevin-Jerome. Eincremen muss man sich nicht, schließlich will man schön braun werden, weil sonnengebräunt ist sexy und sexy ist gut. Soweit, so gut (bzw. sexy). Nachdem man die Vorderseite knusprig rot geröstet hat, wird man am besten von Fachpersonal gewendet und lässt sich die Kehrseite bruzzeln. Noch geschickter wäre eine Aufhängung à la Hähnchengrill, damit man die ganze Wendearbeit nicht selbst machen muss. 

 

Irgendwann ruft Schakkeline: „Sheeesh! Meine Haut! Knallrot!“ Und Schantal, Kevin-Jerome und Pascal nicken anerkennend und wenden sich gekonnt. Nun hat man wieder etwas zu berichten und die sommerliche Bräune wird nicht mehr lange auf sich warten lassen - nachdem das flammende Rot abgeklungen ist. 

 

Wenn Pascal und Schakkeline Glück haben und vielleicht doch die Reißleine ziehen, bleibt es bei der Rötung der Haut. Es können bei dieser sogenannten phototoxischen Schädigung der Haut - also durch UV-Strahlen- auch Verbrennungen mit Blasenbildung bis hin zu Allgemeinreaktionen mit Fieber, nässenden Wunden, Krankheitsgefühl und Abfall der Blutzuckerwerte kommen.

Ein Sonnenbrand erreicht nach 12-24 Stunden seinen Höhepunkt und heilt je nach Ausmaß der Schädigung nach etwa 72 Stunden ab. Ein stärkerer Sonnenbrand verheilt unter Schuppung und Krustenbildung und kann auch eine bleibende Hyperpigmentierung auslösen. Das darf man nun nicht als bleibende, gesunde Bräunung verstehen. Eher als unregelmäßige Flecken auf der Haut, die mit einer sexy Bräune nichts gemein haben. 

 

UVA, UVB, UVC 

 

Ausgelöst wird ein Sonnenbrand durch ultraviolette Strahlung. Die UV-Strahlen sind eigentlich elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge von 30-400 nm, die sehr energiereich sind und für das menschliche Auge unsichtbar. Ab einer Wellenlänge von 30 nm schließt sich die Röntgenstrahlung an das elektromagnetische Spektrum an. 

 

Das ultraviolette Spektrum wird unterteilt in UVA-, UVB-, UVC-, Fernes UV (Vakuumstrahlung VUV) und Extremes UV, wobei für uns meist nur die UVA- und UVB-Strahlen relevant sind. Denn die UVC-Strahlen werden durch eine intakte Ozonschicht absorbiert und die noch kürzeren Strahlen existieren nur im Vakuum. Ausnahme: bei Schweißarbeiten werden UVC-Strahlen freigesetzt!

 

Die UVA-Strahlen sind langwelliger als UVB und dringen daher tiefer in die Haut ein. Sie bewirken eine Direktpigmentierung der Haut durch Umverteilung der Melanozyten - das sind die Hautzellen, die das Pigment Melanin beinhalten-, und durch Veränderung von Melanozyten-Vorstufen. Eine Bräunung durch UVA, wie sie im Solarium vorkommt, baut keine sogenannte Lichtschwiele auf und schützt nicht vor Sonnenbrand.

Da UVA aber tief in die Haut eindringt, zerstört die Strahlung tiefliegende Kollagenfasern und lässt die Haut vorzeitig altern (Lichtalterung). Daher kommt dann auch dieser Ledercouch-Aspekt bei Menschen, die sich regelmäßig im Solarium sonnenbaden, denn eine Sonnebank emittiert nur UVA-Strahlen.

 

UVB-Strahlung ist kurzwelliger und bleibt in den oberen Hautschichten hängen. Dadurch sorgt sie nach längerer Exposition für eine Verdickung der obersten Hautschicht (Epidermis) und damit zur Ausbildung einer sogenannten Lichtschwiele, die einen wochenlangen Lichtschutz darstellt. Außerdem ist UVB an der Spätpigmentierung beteiligt, die nach 24-72 Stunden als Sonnenbräune sichtbar wird und durch eine vermehrte Bildung von Melanin hervorgerufen wird. Außerdem wird in der Haut durch die UVB-Strahlung Vitamin D aus Vorstufen des Vitamins gebildet. 

 

Hauttypen 

 

Jede Haut reagiert unterschiedlich auf Exposition mit UV-Strahlung, was mit dem Hauttyp und damit dem Pigmentierungsgrad bzw. der Fähigkeit zur Pigmentierung zusammenhängt.

Es gibt sechs verschiedene Hauttypen, wobei man die ersten vier Typen „europäische Hauttypen“ nennt, da sie in unseren Breitengraden am häufigsten vorkommen. 

 

  • Typ I: „Keltischer Typ“, besonders empfindlich, helle Haut, helle Augen, rotblonde Haare, bräunt nie, bekommt aber schnell Sonnenbrand. Eigenschutzzeit 5-10 Minuten.
  • Typ II: „Nordeuropäischer Typ“, empfindlich, helle Haut, blonde bis braune Haare, bräunt mäßig, häufig Sonnenbrand. Eigenschutzzeit 10- 20 Minuten.
  • Typ III: „Dunkelhäutiger Europäer“, wenig empfindlich, helle bis hellbraune Haut, dunkelblonde bist braune Haare, graue bis braune Augen, Eigenschutzzeit 30 Minuten.
  • Typ IV: „Mediterraner Typ“, unempfindlich, dunkle, olivgetönte Haut, dunkle Augen und Haare, Eigenschutzzeit 40 Minuten. 
  • Typ V: dunkelbraune Haut, dunkelbraune bis schwarze Haare, dunkelbraune Augen.
  • Typ VI: dunkelbraune bis schwarze Haut, schwarze Haare.

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat die „europäischen Bezeichnungen“ nicht mehr erwähnt und sie sind heutzutage meines Erachtens auch nicht mehr zeitgemäß. Dennoch habe ich sie belassen, weil sie den Hauttyp recht anschaulich darstellen und hoffe, dass es nicht falsch aufgefasst wird.

 

Ein Hauttypentest findet ihr hier

 

Es ist übrigens ein Trugschluss zu denken, dass persons of colour keinen Sonnenbrand oder Hautkrebs bekommen können. Jeder, der eine Haut hat, kann auch Sonnenbrand oder Hautkrebs bekommen, wenn es auch bei dunkler Haut seltener vorkommt. Folgen übermäßigen Sonnenbadens zeigen sich bei heller Haut eher in Runzeln und Falten, bei dunkler Haut in fleckigen Depigmentierungen. 

 

Therapie des Sonnenbrands

 

So, nun haben wir den Salat. Schakkeline hat wie rund 41 Prozent aller Deutschen einmal pro Jahr einen Sonnenbrand. In der Gruppe der unter 30-Jährigen haben sogar 25 Prozent mehr als einen Sonnenbrand jährlich. Und nun? 

 

Die Behandlung erfolgt vor allem durch kühlende Umschläge oder Lotionen und der strikten Vermeidung weiterer Sonnenbäder. Es können kortisonhaltige Lotionen oder Cremes angewendet werden, Salben sind ungeeignet. Im Stadium vesiculosum (mit Blasenbildung) werden mittelstarke Kortisonpräparate gegeben sowie feuchte Umschläge mit antiseptischen Zusätzen, um Superinfektionen zu vermeiden. Bei Verbrennung von mehr als 10-15 Prozent der Körperoberfläche (bei Kindern 5-10 Prozent) ist eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig. 

 

Unmittelbar nach dem Sonnenbad sollten ASS 1g als Entzündungshemmer und Vitamin C 400- 1000 mg als Antioxidans, das freie Radikale abfängt, eingenommen werden. In schweren Fällen werden für einen kurzen Zeitraum Kortisontabletten verordnet, die schnell wieder ausgeschlichen werden sollten. Für drei Wochen sind weitere Sonnenbäder strikt zu meiden. 


Wichtig: Kinder dürfen kein Aspirin erhalten, weil es (wohl in Verbindung mit einem Virusinfekt) das lebengefährliche Reye-Syndrom auslösen kann. 

 

Spätfolgen 

 

Leider wird Sonnencreme immer noch falsch oder zu selten verwendet. Im Jahr 2015 gaben 17 Prozent der Menschen an, nie ein Sonnenschutzprodukt einzusetzen. Die Folge können Sonnenbrand, vorzeitige Hautalterung, weißer und schwarzer Hautkrebs sein. Auf die verschiedenen Hautkrebsarten einzugehen, würde an dieser Stelle den Artikel sprengen. Nur so viel: Es gibt „weißen Hautkrebs“ (Basaliom, Spinaliom) und „schwarzen Hautkrebs“ (Malignes Melanom), wobei das Melanom das gefährlichste der drei Arten ist. Frühzeitige Entfernung kann Leben retten, daher bitte regelmäßig die eigenen Pigmentflecken überprüfen lassen. Ab dem Alter von 35 Jahren haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf einen Check alle zwei Jahre beim Hautarzt oder dafür qualifizierten Hausarzt. 

 

Wie wende ich Sonnencreme richtig an?

 

Der Lichtschutzfaktor (LSF) gibt an, um wieviel die Eigenschutzzeit der Haut durch die Sonnencreme verlängert wird.

2 mg pro Quadratzentimeter soll man schmieren, das entspricht für den gesamten Körper ungefähr der Größe eines Golfballs. Bei Sprays muss zwei- bis dreimal nachgesprüht werden, bis Vollschutz erreicht ist. 

 

Wichtig ist, sich rechtzeitig, nämlich etwa 30 Minuten, vor der Sonnenexposition einzucremen, weil chemische UV-Blocker eine Einwirkzeit brauchen. Mineralische (physikalische) Substanzen wirken sofort. Meistens werden in den Cremes die Substanzen kombiniert.

 

Regelmäßiges Nachschmieren, spätestens alle zwei Stunden, ist wichtig. Es erhöht nicht die maximale Hautschutzzeit, aber verhindert Sonnenbrand an Stellen, an denen sich die Creme gelöst hat. Und auch wenn der Sonnenschutz als wasserfest betitelt wird, können die meisten Cremes dieses Versprechen nicht leisten, weil beim Baden und Abtrocknen der Schutz verringert wird. Daher bitte auch nach dem Baden den Schutz erneuern. 

 

Wie lange eine Tube Sonnencreme haltbar ist, sieht man an dem kleinen Tiegel auf der Packung, dem PAO-Symbol. PAO steht für "period after opening" und gibt an, wieviele Monate nach Öffnung des Produkts es verwendbar ist, meist 6-12 Monate. Wenn die Creme voller Sandkörner vom letzten Jahr ist oder seine Konsistenz verändert hat, bitte wegschmeißen.

 

Und das Vitamin D?

 

Ihr erinnert euch an Schakkeline, die keinen Sonnenschutz verwendet hat? Sie war das eine Extrem.

Auf der anderen Seite der Skala finden wir Noah-Hieronymus. Er ist drei Jahre alt, spielt glücklich auf dem Spielplatz in der Buddelkiste und sieht aus wie ein paniertes Wiener Schnitzel. Auf seinem Kopf sitzt ein breitkrempiger Sonnenhut mit Nackenschutz und sein Körper ist eingehüllt in ein spezielles UV-Hemd, damit die zarte Kinderhaut keinen ultravioletten Strahl abkriegt. Seine Mutter tanzt in virtuoser Erquickung um ihn herum, reicht Dinkel-Knabbergebäck und Trinkfläschchen und bedeckt alle zwanzig Minuten diverse Hautstellen mit einem Sunblocker, damit Noah-Hieronymus seine knuddelig weichzarte Blässe behält. Sie macht es gut, wenn sie den Schutz auch nicht alle zwanzig Minuten erneuern muss.

 

Eins ist klar: zarte Kinderhaut muss vor zu viel UV-Strahlung geschützt werden, weil Sonnenbrand bei der zarten Haut schneller auftritt und kindliche Sonnenbrände der Hauptrisikofaktor für den das Maligne Melanom darstellen. 

 

Mit konsequentem Sonnenschutz geht jedoch auch die Vitamin D-Produktion in den Keller. Daher sollten Kinder sich regelmäßig im Freien bewegen und dabei auch Sonne an die Haut der Arme und Beine lassen, aber eben bitte nicht viel. Es ist eine Gratwanderung. Wer sich zu wenig im Freien aufhält, sollte Vitamin D substituieren. Säuglinge und Kleinkinder erhalten generell 500 IE bis zu ihrem zweiten Frühsommer. Weil Kinder sich inzwischen auch im Sommer immer mehr in Innenräumen aufhalten, sind die spärlichen Vitamin D- Vorräte nach dem Winter aufgebraucht. Das kann sich bei Kindern und Jugendlichen durch Antriebsstörungen und Schmerzen in den Extremitäten äußern. Auch Erwachsene sind bei einem Mangel abgeschlagen und infektanfällig. Eine Spiegelbestimmung macht daher Sinn, insbesondere, wenn Kinder vegan oder makrobiotisch ernährt werden, was man aber generell bitte unterlassen sollte. 

 

Noah-Hieronymus ist also gut geschützt, sollte aber Vitamin D einnehmen und auch seine Arme und Beine regelmäßig ein paar Minuten in die Sonne halten. 

 

Ein paar Extras zum Schluss

 

Ich möchte an dieser Stelle noch auf ein paar wichtige Dinge hinweisen:

 

Die Sonnenbrandgefahr wird nicht durch Wind abgeschwächt und insbesondere in den Bergen oder am Wasser ist sie höher. Denn in der Höhenluft wird UV-Strahlung weniger durch Staubteilchen in der Luft absorbiert und am Wasser wird sie reflektiert und dadurch verstärkt.

Außerdem können manche Medikamente die Haut anfälliger für Sonnenbrand und Lichtschäden machen, zu nennen wären hier insbesondere Johanniskraut und manche Antibiotika. Eine gute Übersicht gibt es hier

 

Fazit

 

Schützt Eure Haut! Ihr habt nur eine und Sonnenbrand ist ziemlich unsexy, außerdem langfristig unschön und gefährlich. Sei nicht Schakkeline. Sei Noah-Hieronymus. 

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Quellen: Alle abgerufen am 14.6.2020

https://www.clementine-kinderhospital.de/news-veranstaltungen/gesundheitsthemen/knochengesundheit-und-vitamin-d-mangel-bei-kindern-124

https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/bewusst-leben/sonne-und-freizeit/sonnenschutz.html

https://www.kbv.de/html/8939.php

https://www.hautarztpraxis-mainz.de/sonnencreme-richtig-auftragen/

https://www.enzyklopaedie-dermatologie.de/dermatologie/dermatitis-solaris-973

https://de.wikipedia.org/wiki/Sonnenbrand

 

Bild: Pixabay, stux