Das Getier in unserem Revier - Über Insektenstiche und - bisse

Auf Twitter hatte ich neulich eine kurze Geschichte über eine Hornisse in meiner Wohnung erzählt. Ich nannte sie Don Peppino und sie war der Chef der Hornets, die in meinem Garten hausen. Die Hornisse hatte sich Zugang zu meinem Revier verschafft, so dass ich sie nach längerer Verhandlungen schließlich sanft aus der Wohnung befördern musste. 

Die Geschichte könnt ihr hier lesen.

Ob wir als Menschen nicht eher in das Revier der Tiere eingedrungen sind, könnte man an dieser Stelle diskutieren, aber das würde meine höchst poetische Überschrift zerstören. 

 

Gut, natürlich weiß ich nicht, ob die Hornisse wirklich Don Peppino hieß. Aber die Vermutung liegt nahe, dass er der Pate ist. Schließlich kann sein Stich ein Pferd töten. Oder?

 

Wir müssen uns mit allerlei Getier in unserem Revier herumschlagen und kriegen dabei den einen oder anderen Stich, einen Biss, einen Ausschlag oder eine Allergie ab. Und manchmal gibt es auch Missverständnisse und Gerüchte. 

 

Wespenstiche

Es gibt über 100 verschiedene Wespenarten in Deutschland, von denen aber nur wenige Arten uns als „lästige“ Wespen auf Kuchen und Salamibrot bekannt sind. Viele Arten leben nicht in großen Völkern und kommen uns Menschen auch nicht zu nahe. 

 

Die uns störenden Wespenarten sind die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe, weil sie es zum einen auf unser Essen abgesehen haben und zum anderen gerne in Häusern oder auch in der Erde nisten, so dass wir Menschen ihnen zu nahe kommen und sie ihr Volk verteidigen wollen.

Wichtig ist für uns also: Nahrungsmittel abdecken, Getränke verschließen, eine Ablenkmahlzeit in einigen Metern Entfernung aufstellen (am besten reife Trauben) und den Nestern nicht zu nahe kommen. Nester im Haus können und sollten umgesiedelt werden, aber bitte keinesfalls selbst versuchen, den Tieren den Garaus zu machen. 

 

Der Stich einer Wespe ist schmerzhaft und verursacht im weiteren Verlauf Juckreiz und eine unterschiedlich stark ausgeprägte Schwellung. Eine frühere Sensibilisierung mit dem Gift kann zu schweren allergischen Reaktionen führen, die sich mitunter auch erst nach Stunden entwickeln kann. Daher ist eine Beobachtung der Symptome über einen längeren Zeitraum wichtig. Starke Schwellungen und Ödembildung, aber auch Allgemeinreaktionen wie Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme bis hin zu Atemnot und anaphylaktischem Schock sind möglich. 

 

Wer gestochen wurde, sollte die Stelle kühlen und bei Bedarf eine antiallergische Salbe auftragen. Bei Symptomen, die auf eine Anaphylaxie hindeuten, muss man sofort den Notarzt rufen. Gleiches gilt für Stiche im Rachenbereich, wenn sich beispielsweise eine Wespe im Getränk befand.

 

Allergiker sollten immer ein Notfallset mit sich tragen, das eine Medikamentenkombination aus einem schnell wirksamen Antihistamin, einem Kortison und einer Adrenalinspritze enthält. Die Adrenalinspritze ist für die Eigenanwendung gedacht und wird schnell erlernt. Dafür wird der sogenannte Autoinjektor im rechten Winkel auf die Obershenkelhaut gedrückt - auch durch die Kleidung - und die Spritze löst automatisch aus, was an einem Klicken zu hören ist. In dieser Stellung sollte die Spritze zehn Sekunden gehalten werden, damit das Adrenalin injiziert wird. Nun muss man zehn Sekunden die Stelle im Oberschenkel massieren, um das Medikament zu verteilen. Einen Rettungsdienst sollte man trotz Spritze verständigen, denn nicht immer wirkt das Medikament schnell genug oder weitere Behandlungen sind nötig. 

 

Es gibt viele Hausmittelchen, die bei Wespenstichen empfohlen werden, die aber nicht immer angeraten sind. Keinesfalls sollte man die Stelle aussaugen, weil das Gift sich dann im Körper verteilen kann. In der Apotheke erhält man Saugstempel und Hitzestifte, die das Gift denaturieren, die Hitze kann allerdings auch als sehr unangenehm empfunden werden.

 

Aufgeschnittene Zwiebeln sollen helfen, können aber auch Reizungen der Haut verursachen. Ich erinnere mich an meine Mutter, die bei fast allem sagte: „Mach Spucke drauf“, und sie behielt recht. Insektenstich? Spucke drauf. Kleine Wunde? Spucke drauf. Bein ab? Spucke hilft. 

Spucke enthält antibakterielle Substanzen und kühl gleichzeitig etwas. Also: Spucke drauf. 

 

Für Bienen gilt das eben Geschriebene ebenso, mit einem Unterschied: Die armen Bienen verlieren beim Stechen ihren Stachel und sterben dabei. Den Stachel gilt es zu entfernen. Wenn Wespen stechen, geben sie eine Art Alarmpheromon ab, was wiederum andere Wespen zum Stechen animiert. 

 

Hornissenstiche 

Hornissen gehören zu den Wespen, aber sie sind insgesamt ein sehr friedliches Volk und möchten mit uns Menschen nicht viel zu tun haben. Sie stürzen sich auch nicht wie manch andere Wespenart auf unsere Süßspeisen und Leckereien auf dem sommerlichen Kaffeetisch. 

 

Wir hatten vor einigen Jahren über der Haustüre ein Hornissennest und waren anfangs natürlich eher ängstlich. Aber wenn man die Tiere in Frieden lässt, dann sind sie überhaupt nicht aggressiv. Wir konnten unter dem Nest stehen und uns unterhalten, während über uns die Einflugschneise laut brummend im Sekundentakt frequentiert wurde. 

Der Stich einer Hornisse ist nicht tödlich, kann aber - wie Wespenstiche auch - zu allergischen Reaktionen führen. Der Stich ist insgesamt schmerzhafter als der einer  gewöhnlichen Wespe, weil der Stachel länger ist und das Gift Acetylcholin enthält. 

 

Zeckenstiche

Aaargh, Zecken. Ich hasse sie. Zecken stechen ebenfalls (sie beißen nicht), aber man merkt ihren Stich nicht. Vielleicht das einzig Gute daran. Sie sitzen meist im hohen Gras und klammern sich an Tier und Mensch, wenn sie durch das Gras laufen. Sie fallen nicht wie Tarzan von Bäumen und springen auch nicht über mehrere Meter weit. 

 

Die Biester können Borreliose übertragen, was man häufig (aber nicht immer), an der Wanderröte (Erythema migrans) sieht, die sich über mehrere Tage an der Stichstelle entwickelt. Eine Wanderröte sieht aus wie ein roter Ring, der immer größer wird. In seltenen Fällen gibt es auch mehrere dieser Ausschläge am Körper. Eine Borreliose muss mit Antibiotika behandelt werden, weil sie in mehreren Stadien verläuft und auch chronisch werden kann. 

Eine FSME, eine spezielle Form der Gehirnhautentzündung, kann ebenfalls übertragen werden. Risikogebiete weiten sich langsam immer weiter gen Norden aus, betreffen aktuell ganz Bayern und Baden-Württemberg, Teile Hessens und Thüringens. Österreich, die Schweiz und ein großer Teil Osteuropas gehören ebenfalls zu den Risikogebieten.

 

Eine Zecke sollte am besten mit einer Zeckenzange oder - karte entfernt werden, eine normale Pinzette tut es im Notfall aber auch. Wichtig ist, sie gerade herauszuziehen, ohne Drehung, ohne Öl und Zahnpasta und Gedöns. Das mögen die Biester nämlich nicht und spucken ihren Mageninhalt in die Wunde, was die Infektionsgefahr vergrößert. Ein Stich kann auch ohne Borreliose gerötet sein und sich infizieren, daher sollte die Stelle desinfiziert und darauf geachtet werden, dass der Kopf entfernt ist. Wenn das nicht gelingt (manchmal bekommt auch der Arzt sie nur mit viel Gepopel heraus), kann man den Kopf auch unter Beobachtung belassen. Er wandert nicht zum Herzen, wie mir als Kind mal gesagt wurde. In der Regel bildet sich ein Granulom, ein kleines Knötchen, und wird vom Körper „abgeschottet“.

 

Mücken und Bremsen stechen, Kriebelmücken beißen 

Mückenstiche bilden fies juckende Quaddeln, das ist sicher nichts Neues. Beim Stich werden betäubende und blutverdünnende Substanzen injiziert, so dass das Mückenweibchen friedlich trinken kann. Denn nur die Weibchen stechen, die Männchen sind friedlich und wollen wahrscheinlich bloß ihre Ruhe haben. Wie im echten Leben auch. Blöderweise gibt es dank Klimawandel inzwischen auch tropische Mückenarten, die Krankheiten wie das West-Nil-Virus übertragen können. 

In der Regel sind die heimischem Mückenarten hier (noch) harmlos. In seltenen Fällen können sie aber auch Bakterien übertragen und Infektionen auslösen. 

Der Speichel der Mücken löst in uns eine Histaminausschüttung aus, was den starken Juckreiz hervorruft. Auch hier ist Kühlen und vor allem das Nichtkratzen angesagt. 

 

Die Kriebelmücke kommt aus dem skandinavischen Raum und ähnelt optisch einer kleinen Fliege. Sie sticht im Gegensatz zur Mücke nicht, sondern sie schabt die Haut mit ihren Mundwerkzeugen auf, was deutlich schmerzhafter ist. Dann trinkt sie den Blut-Speichel-Lymphe-See und kann durch die größere Wundfläche auch stärkere Infektionen auslösen. 

Die Wunde sollte desinfiziert und beobachtet werden. 

 

Bremsen sind ganz eklige Stechfliegen und verursachen größere Schmerzen und vor allem starken Juckreiz. 

 

Gegen den Juckreiz helfen auch hier wieder die Hitzestifte, Spucke, Kühlung und kühlende, antiallergische Salben.

 

Flohstiche, Wanzenbisse, Spinnenbisse 

Auf die Schnelle noch ein paar Sätze zu kleinen, unliebsamen Mitbewohnern wie Flöhen und Wanzen.

Flöhe stechen und können Bakterien übertragen. Die Pest im Mittelalter war das schrecklichste Beispiel hierfür. Man erkennt Flohstiche an ihren Stichstraßen, weil sie gerne mal Probestiche vornehmen. Durch starken Juckreiz bedingt kratzt man sich die Stellen auch nachts unbemerkt auf, was die Infektionsgefahr erhöht. 

 

Bettwanzen stechen nicht, sie beißen. Sie bilden dabei ähnliche „Straßen“, weswegen eine Unterscheidung von anderen Quälgeistern oft schwierig ist. Sie verstecken sich in Ritzen von Betten und Matratzen und werden meist eher durch den Kot entdeckt. Starker Wanzenbefall macht sich durch einen süßlichen Geruch bemerkbar, der an Bittermandeln erinnern soll. In Mitteleuropa kommen sie seltener vor. Bei einer Reise, vor allem in Hotels in warmen Ländern, sollte man seine Koffer stets in einer Badewanne oder der Dusche öffnen, niemals auf dem Bett! Das Gleiche gilt für die Rückkehr: seine Koffer nicht auf das Bett stellen!

 

Die oft multiplen Bisse der Bettwanzen können Unwohlsein hervorrufen und durch den Juckreiz und das Kratzen auch mal wieder Infektionen auslösen. Es wurden auch Hepatitis- und sogar HI-Viren in den Wanzen gefunden, die sich dort aber nicht vermehren, so dass sie durch einen Biss nicht übertragen werden. Eine Übertragung wäre denkbar, wenn man die Wanze beim Biss zerquetscht und sie dadurch in die Haut spuckt. Aber da man den Biss so gut wie nie bemerkt, geht das Risiko gegen Null.

 

Wir haben in unseren Breitengraden drei giftige Spinnen. Die Kreuzspinne, die Hauswinkelspinne und die Dornfingerspinne. Letztere ist die einzige, die auch mal sehr unangenehme Folgen haben kann. Sie kam dank Klimawandel zu uns, hält sich nur draußen in Bodennähe auf beißt zur Verteidigung. Die Schmerzen sollen an einen Wespenstich erinnern und können starke Schwellungen und allergische Reaktionen auslösen. Bisse von anderen Spinnen können unsere Haut meist nicht durchdringen.

 

Ich wurde neulich tatsächlich von einer kleinen, grünen Spinne gebissen, die sich in mein Shirt verirrt hatte. Es brannte etwas, aber war nach einigen Minuten wieder verschwunden. 

Nur meine neuen, grünen Härchen am gesamten Körper und das Spinnennetz an meinen Händen verwirren mich etwas. 

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Nachtrag: In meiner ersten Version schrieb ich, dass es keine relevanten giftigen Spinnen in Deutschland gibt. Nach Hinweisen habe ich das geändert. Danke für die Korrekturen. Außerdem möchte ich auf den Schmidt-Sting-Pain-Index hinweisen, einen humorvolle Skala über die Schmerzen eines Stiches. Danke für diese Anmerkung auf Twitter! 

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Bild: Pixabay, Clker-Free-Vektor-Images